Im Herbst 1940 wurde das Unternehmen Seelöwe,
die Landung deutscher Truppen an der südenglischen Küste,
abgeblasen. Ein wesentlicher Beweggrund für diese wichtige
strategische Entscheidung war die Erkenntnis, dass keinerlei
Transportmittel zur Verfügung standen, um einen Brückenkopf aus
der Luft mit schweren Waffen zu versorgen. Noch im gleichen Jahr
wurde unter den Decknamen Warschau Nord und Warschau Süd ein
Entwicklungsauftrag für Großlastensegler an die Firmen Junkers
und Messerschmitt vergeben. Gefordert war, dass diese
Lastensegler schwerste Waffen, wie den Panzer IV, ein
Sturmgeschütz oder eine 8,8 cm Flak einschließlich Zugmaschine,
Bedienungspersonal und Munition befördern können sollten. Ein
nur einmaliger Einsatz verlangte die Verwendung billigster
Materialien, vor allem von Holz. Unter der Leitung von Prof.
Hertel erhält der von Fieseler gekommene Ing.Paul J. Hall den
Auftrag. Aus dem bereits vorliegenden Projekt EF 94, das dem
Begriff Nurflügler schon sehr nahe kam, entstand in Merseburg
die Ju 322 V1. Es war ein großer Flügel, in der Mitte für die
Lastaufnahme verdickt, mit einem kurzen, hinten angesetzten
Leitwerksträger, ganz aus Holz. 140 voll ausgerüstete Soldaten
oder 16000 kg Fracht hätten darin Platz finden sollen. Zu
beladen war er von vorn über die herunter geklappte Nase des
Flügelmittelstücks. Der Führerraum mit zwei neben einander
liegenden Sitzen befand sich außerhalb des Nutzlastraums auf dem
linken Flügel.Das Flugzeug saß für den Start auf einem
abwerfbaren Startwagen, während die Landung auf vier jeweils
paarweise angeordneten Kufen erfolgen sollte. Als
Schleppflugzeug diente die Ju 90 Wnr.0002, eines der beiden für
Südafrika bestimmten und deshalb mit den 1200 PS starken P&W
Twin Wasp ausgerüsteten Flugzeuge. Schon beim ersten Flug,
dessen Datum leider nicht bekannt ist, kamen sowohl das
Schleppflugzeug ais auch die Ju 322 nur mit Mühe aus dem
Flugplatz Merseburg heraus. Der Segler zeigte sofort fehlende
Stabilität um die Hochachse, die sich in einem seitlichen
Pendeln auswirkte, das immer stärker wurde. Da somit auch die
schleppende Ju 90 in Gefahr kam, abzuschmieren, klinkte
Dipl.-Ing. Hesselbach im Mammut aus und setzte den Segler
geradeaus auf einen Acker. Es blieb der einzige Flug. Die
Entscheidung war inzwischen für die Me 321 gefallen. |